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Kultusminister warnt vor zu schnellem Einsatz von Psychostimulanzien bei Kindern

Busemann: „Der Rezeptblock kann elterliche Zuwendung und Erziehungsarbeit nicht ersetzen“


"Es macht mir Sorgen, dass Probleme von Kindern und Jugendlichen anscheinend lieber, öfter und immer schneller mit dem Rezeptblock des Arztes gelöst werden sollen, als mit elterlicher Zuwendung oder Erziehungsarbeit. Schülerinnen und Schüler dürfen nicht vorschnell zu Patienten werden", forderte der Niedersächsische Kultusminister Bernd Busemann heute (7. März 2005) in Hannover.

Busemann bezog sich auf Untersuchungen der Universität Bremen und weitere wissenschaftliche Berichte über ADHS/HKS/ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung/Hyperkinetisches Syndrom/Aufmerksamkeitsdefizitstörung), häufig auch "Zappelphilipp-Syndrom" genannt. Zwischen 20 und 40 Prozent aller Schülerinnen und Schüler in den 7. bis 9. Klassen griffen danach häufig bis regelmäßig zu rezeptfreien, meist koffeinhaltige Schmerzmitteln "Kinder und Jugendliche ebenso wie ihre Eltern greifen zu Medikamenten nicht nur, um Stimmungsschwankungen, Müdigkeit oder Kopfschmerzen zu behandeln, sondern auch, um im Alltag besser zu funktionieren", stellte Busemann fest. Besonders besorgniserregend sei aber der Anstieg des Verbrauchs von Medikamenten mit dem Wirkstoff Methylphenidat, unter anderen Ritalin und Medikinet. "Laut Bundesopiumstelle stieg der Verbrauch von Ritalin in Deutschland von 1993 mit 34 Kilo auf 639 Kilo in 2001. Die übliche Verordnungsmenge als Tagesdosis beträgt 60 bis höchstens 80 Milligramm", machte Busemann deutlich.

Ihm sei durchaus bewusst, dass ADHS/HKS/ADS ernstzunehmende Krankheiten seien, die bei sicherer Diagnose auch mit Ritalin behandelt werden dürften. "Nahezu 25% der Ritalinrezepte auch bei der Ersten Verordnung werden jedoch von Hausärzten und damit Allgemeinmedizinern ausgestellt. "Schon die Fachleute sind sich nicht einig, wie man ADS/ADHS sicher diagnostizieren kann. Ursachen der "Zappeligkeit" sind auch an anderer Stelle zu suchen Denn auch eine fehlerhafte Erziehung, eine falsche Ernährung, zu hoher Fernsehkonsum, zu wenig Bewegung oder ein schädliches Umfeld können zu ähnlichen Verhaltensauffälligkeiten führen", erläuterte Busemann. Das Medikament sei auch kein Heilmittel, sondern wirke lediglich auf die Symptome. Erforderlich sei in jedem Fall eine weiterführende Therapie mit Elterntraining, der Neustrukturierung der Umgebung des Kindes oder Jugendlichen, pädagogischen Maßnahmen in der Schule sowie verhaltenstherapeutische Ansätze und nur gegebenenfalls eine medikamentöse Behandlung. "Weder Ärzte, noch Eltern, Lehrkräfte oder Erzieherinnen und Erzieher dürfen sich aus der Verantwortung für die Kinder stehlen. Vor dem Einsatz von Arzneimitteln und Medikamenten sollten die Ursachen für auffälliges Verhalten genau geklärt sein", gab Busemann zu bedenken.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
01.03.2010

Ansprechpartner/in:
Stefan Muhle

Nds. Kultusministerium
Pressesprecher
Schiffgraben 12
30159 Hannover
Tel: 0511 / 120 7145
Fax: 0511 / 120 7451

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