Für bessere Inklusion: Poolbildung bei Schulbegleitungen
Bundesrat stimmt auf Initiative Niedersachsens Antrag zu
Um Kinder mit einem Unterstützungsbedarf in der Schule verlässlicher und qualitativ umfassender begleiten zu können, hat Niedersachsen heute im Bundesrat erfolgreich eine Änderung des Gesetzes zur „Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe (IKJHG)“ angestoßen. Künftig soll es möglich sein, sogenannte Schulbegleitungen für einzelne Schülerinnen und Schüler grundsätzlich in einem Personalpool zu bündeln und flexibler einzusetzen. Mit dem von Niedersachsen eingebrachten Änderungsantrag fordern die Länder gemeinsam die Bundesregierung auf, das IKJHG entsprechend zu ändern.
„Ich freue mich, dass die Länder unseren Vorschlag mehrheitlich unterstützen. Mit der grundsätzlichen Möglichkeit, Fachkräfte künftig in Poolmodellen zusammenzufassen und ihren Einsatz bedarfsgerechter zu steuern, setzen wir den Inklusionsgedanken konsequent weiter fort. Situationen, in denen mehrere Erwachsene in einer Klasse sitzen, aber dann nicht mit anpacken dürfen – gleichzeitig werden andere Kinder nicht versorgt, das versteht kein Mensch. Jedes Kind soll begleitet und unterstützt werden, gleichzeitig sollen die helfenden Begleiter aber sinnvoll im Sinne der Kinder und der Schulen eingesetzt werden können, um echte, inklusive Arbeit in Schulen zu ermöglichen. Teilhabe soll inklusiv und nicht exklusiv umgesetzt werden. Den Erfolg belegen zahlreiche Modelle in Niedersachsens Kommunen“, so Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg.
„Inklusion beginnt bereits bei den Jüngsten“, ergänzt Niedersachsens Sozialminister Dr. Andreas Philippi. „Schule leistet mit dem gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Unterstützungsbedarf einen unschätzbaren Beitrag bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Eine erfolgreiche Schulbildung ist zudem die zentrale
Voraussetzung für einen vielversprechenden Zugang zum Arbeitsmarkt und damit auch zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Um den schulischen Alltag zu erleichtern, können Poollösungen eine zielführende Möglichkeit sein, sofern die betroffenen Schülerinnen und Schüler zustimmen. Es wäre ein gutes Signal, wenn eine neue Bundesregierung den Schulen mehr Beinfreiheit zur erfolgreichen Gestaltung der Inklusion einräumen würde.“
Darum geht es: Über Artikel 1 Nummer 12 (§ 27a SGB VIII – Hilfe zur Erziehung) des IKJHG kann Schülerinnen und Schülern mit besonderem Unterstützungsbedarf eine betreuende Person zugeordnet werden. Sie begleitet die Kinder und Jugendlichen in der Schule, hilft bei der Ausführung von Aufgaben und im Schulalltag. Bisher ist i.d.R eine betreuende Person für eine bestimmte Schülerin oder einen Schüler verantwortlich. Nur auf Wunsch und mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten dürfen die Betreuenden auch andere Kinder unterstützen. Künftig soll es grundsätzlich möglich sein, die betreuenden Personen in einem Pool zusammenzufassen – insbesondere bei mehreren leistungsberechtigten Kindern oder Jugendlichen in einer Klasse. Vorausgesetzt, die Erziehungsberechtigten stimmen zu. Eine im Text minimale Änderung, die den Schulalltag und die Betreuungsqualität jedoch deutlich verbessern kann. Die Vorteile:
- Fällt eine Kraft aus, kann bzw. darf eine andere Betreuungsperson das „betroffene“ Kind unterstützen. Der Schulbesuch des Kindes ist damit gewährleistet.
- Begleitpersonen mit verschiedenen Qualifikationen stehen mit diesen für mehrere Kinder bereit. Schülerinnen und Schüler mit besonderem Problemverhalten können durch zwei geeignete Schulbegleitungen, die beide als Vertrauensperson bekannt sind, in einem Tandem-Modell begleitet werden. Auch Teilzeitmodelle können so einfacher umgesetzt werden.
- Die Anwesenheit einer zu großen Gruppe von Erwachsenen im Unterricht bei mehreren Kindern mit Begleitungsanspruch kann die Lernenden in der Klasse auch irritieren. Mit einer Zuständigkeit der Begleitperson für mehrere Kinder wird die Anzahl der anwesenden Unterstützungspersonen im Unterricht ggf. reduziert. Gleichzeitig können den Kindern somit auch effektivere Phasen der selbstständigen Unterrichtsteilnahme ermöglicht werden.
- Der vorherrschende Fachkräftemangel auch in diesem Bereich kann durch Bereitstellung einer Begleitung für mehrere Kinder ausgeglichen werden.
- Pooling ermöglicht die gemeinsame Nutzung von finanziellen und personellen Mitteln, um die Vorteile zu maximieren oder das Risiko für Nutzer bzw. Kunden des Pools zu minimieren.
- Der Beschluss der Länder wird formal der noch amtierenden Bunderegierung überstellt. Dort ist der Gesetzentwurf auf eine schnelle Mehrheit angewiesen, damit das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden kann. Gelingt dies nicht, bleibt der Bundesratsbeschluss aktiv und muss im weiteren Verfahren von einer neuen Bundesregierung bearbeitet werden.
„Wir appellieren an alle demokratischen Parteien im Bundestag, das Inklusive Kinder- und Jugendhilfegesetz nun schnell im Bundestag mit unserer Änderung zu verabschieden und der Poolbildung damit den Weg zu ebnen“, betonen die Kultusministerin und der Sozialminister gemeinsam.
Julia Willie Hamburg
Artikel-Informationen
erstellt am:
21.12.2024
Ansprechpartner/in:
Ulrich Schubert