Mehr Entscheidungsspielraum für Eltern und Schulträger: Entwurf für ein neues Schulgesetz sieht Änderungen bei Einschulung, Inklusion und Sprachförderung vor
Eltern in Niedersachsen sollen künftig deutlich mehr Entscheidungsspielraum beim Einschulungstermin ihrer Kinder erhalten. Das sieht der Entwurf zu Änderungen am Niedersächsischen Schulgesetz (NSchG) vor, der in der heutigen (Mittwoch) Landtagssitzung erstmalig beraten wurde. Wenn Kinder erst kurze Zeit sechs Jahre alt sind, können demnach die Eltern den Einschulungstermin um ein Jahr verschieben. „Fünf ist nicht gleich fünf und sechs ist nicht gleich sechs Jahre bei Kindern. Manche Kinder brauchen etwas mehr Zeit als andere Kinder. Deren Entwicklungsstand und deren Schulreife orientieren sich nicht an einem starren Stichtag. Deshalb sollen Eltern, deren Kinder das sechste Lebensjahr zwischen dem 1. Juli und dem 30. September vollenden, die Möglichkeit erhalten, den Einschulungstermin um ein Jahr zu verschieben“, sagt dazu der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Durch eine einfache schriftliche Erklärung bei der zuständigen Grundschule solle die Einschulung verschoben werden können. Eine „einfache, unbürokratische und vernünftige Regelung“, wie Tonne erklärt: „Wir schaffen so einen Korridor für pädagogische Entscheidungen, die sich am Kindeswohl orientieren. Der Austausch der Eltern mit den Kindertageseinrichtungen und den Grundschulen ist die Grundlage für die Entscheidung. Eltern, Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte bringen die notwendigen Erfahrungen und Kompetenzen mit.“ Bereits zum kommenden Schuljahr 2018/2019 soll die neue Möglichkeit in Kraft treten.
Bisher gilt nach dem Niedersächsischen Schulgesetz, dass die Kinder mit dem Beginn eines Schuljahres schulpflichtig werden, die das sechste Lebensjahr vollendet haben oder es bis zum folgenden 30. September vollenden werden. Dies wird in vielen Fällen von den Eltern als zu früh erachtet, wie beispielsweise aus einer Petition an den Landtag ersichtlich wird, in der sich 20.000 Eltern für einen späteren Einschulungstermin eingesetzt hatten.
Ebenfalls zum kommenden Schuljahr 2018/2019 sollen zwei weitere schulgesetzliche Änderungen, über die heute beraten wurde, Wirkung entfalten. Zum einen soll die Umsetzung der inklusiven Schule stärker an die jeweiligen regionalen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Schulträger vor Ort angepasst werden. Für einen Übergangszeitraum bis 2022/2023 können Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf wieder im Sekundarbereich I der Förderschulen Lernen eingeschult werden. Voraussetzung ist, dass der Schulträger einen entsprechenden Antrag stellt und sich verpflichtet, ein Inklusionskonzept für den Schulbereich vorzulegen. Tonne: „Unsere Schulen sind und bleiben offen für alle Kinder und Jugendlichen. Die Umsetzung der inklusiven Schule in Niedersachsen steht nicht in Frage, wir bekennen uns zu den Zielen der UN-Behindertenrechtskonvention und wir stehen zum gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung. Wir alle wissen aber auch: Inklusion braucht Zeit und gesellschaftliche Anerkennung. Zur gelebten Wirklichkeit wird sie nur, wenn wir auch alle mitnehmen können. Die tatsächlichen Belastungen sind hoch und hier müssen wir unterstützend ansetzen.“
Mit einer dritten Änderung am Niedersächsischen Schulgesetz werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Sprachförderung vor der Einschulung in die Verantwortung der Kindertageseinrichtungen zu übertragen. Bisher wird die vorschulische Sprachförderung ausschließlich durch Grundschullehrkräfte durchgeführt. „Sprachförderung und Sprachbildung sind bereits jetzt fester Bestandteil des Bildungsprogramms in unseren Tagesstätten“, begründet der Kultusminister. Gerade jüngere Kinder übten ihre Sprache im Spiel und im alltäglichen Austausch mit anderen Kindern ein. „Es spricht fachlich viel dafür, unsere Kitas bei der Sprachförderung und Sprachbildung stärker einzubinden und zu unterstützen.“ Durch die Verlagerung der Sprachförderung soll zudem an den Grundschulen mehr Zeit für Unterricht frei werden, da für die vorschulische Sprachförderung rund 14.500 Lehrerstunden eingesetzt werden. Tonne: „Mit den freiwerdenden Ressourcen können wir die Grundschulen stärken und dort die Unterrichtsversorgung spürbar verbessern. Das darf und das wird nicht zu Lasten der Fachkräfte in den Kindertagesstätten gehen. Ein Konzept, das dieses Ziel erfolgreich umsetzt, wird derzeit erarbeitet.“Kultusminister Grant Hendrik Tonne
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erstellt am:
24.01.2018
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