Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Frau Julia Willie Hamburg am 16.05.2024 im Niedersächsischen Landtag zu TOP 16 a:
Den Bund nicht aus der Verantwortung entlassen: DigitalPakt 2 jetzt auf den Weg bringen - Aktuelle Stunde der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, LT-Drs. 19/4289
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
mit dem heutigen Tag endet der DigitalPakt Schule. Natürlich sind viele Projekte in den Schulen noch in der Umsetzung und es laufen auch länderübergreifende Großprojekte wie die Entwicklung der Niedersächsischen Bildungscloud sowie der mit verknüpften länderübergreifenden Bildungsmedieninfrastruktur weiter, aber Neuanträge gibt es ab morgen keine mehr!
Schon heute ist klar: der DigitalPakt ist eine Erfolgsgeschichte, gerade auch für Niedersachsen. Die Digitalisierung hat einen enormen Schub im Land erhalten, insbesondere weil die Kooperation zwischen Schulen, den Kommunen und dem Land in diesem Thema allen Unkenrufen zum Trotz gut gelang und auch die Kooperation der Bundesländer untereinander und mit dem Bund in diesen fünf Jahren ein neues Niveau erreicht hat. Es war im Wortsinne ein Pakt, der hier geschlossen und umgesetzt wurde!
Dies hat man insbesondere – aber nicht nur – in der Coronazeit erlebt, als in Rekordzeit Lösungen für enorme Herausforderungen gemeinsam und digital gefunden wurden.
Und die Länder haben dabei nicht nur im Bereich der Technik viel erreicht, sondern auch was die Lehrkräftebildung, die Entwicklung der Curricula und des Unterrichts angeht. Die Lehrkräfte wurden zielgerichtet fortgebildet mit neuen leicht zugänglichen Online-Formaten, die Curricula wurden angepasst und das Pflichtfach Informatik in allen weiterführenden Schulen zu diesem Schuljahr eingeführt.
Ganz im Sinne des Primats der Pädagogik, das die KMK-Strategie Bildung in der digitalen Welt schon 2016 postuliert hat, haben die Länder eben nicht nur auf Technik und Hardware gesetzt, sondern all die Aufgaben bearbeitet, die es eben braucht, wenn aus Technik digitale Bildung werden soll!
Wir wissen heute aber auch, dass der erste DigitalPakt nur ein Anfang gewesen sein kann. Wir sind nicht fertig! Die vielen Anträge auf Restmittel aus dem letzten Jahr, belegen eindrücklich, dass die Schulen und deren Träger auch weiterhin Unterstützung benötigen, um ihre Infrastruktur auszubauen oder um Ersatz zu beschaffen. Und auch jenseits der Technik bleibt noch viel zu tun.
Niedersachsen ist deshalb auch schon von Anfang an in der Bund-Länder-Verhandlungsgruppe zum DigitalPakt 2.0 engagiert und verhandelt seit nunmehr 18 Monaten mit dem Bund mit dem Ziel einen nahtlosen Anschluss zum DigitalPakt 1 zu erreichen. Das wird nun leider nichts mehr! Morgen wäre dieser fällig gewesen.
Wie Sie wissen, sind die Verhandlungen langwierig, mäandernd, erratisch.
So gibt es noch immer keine Klarheit bzgl. der Höhe der Mittel, die der Bund bereitstellen will. Zu erkennen ist jedoch, dass er sich aus der Verantwortung der Finanzierung schon jetzt und noch mehr in der Zukunft ab 2030 herausnehmen will.
Irritierend ist auch, dass der Bund in einem vorgelegten Entwurf zu einer Gesamtvereinbarung zum DigitalPakt 2.0 die Leistungen der Länder und Kommunen im DPS 1 kaum anerkennt und den Ländern einseitig inakzeptable Forderungen stellt, die verfassungsrechtlich nicht vertretbar sind und die Kultushoheit sowie die Finanzhoheit der Länder und Kommunen außer Kraft zu setzen drohen.
Es ist unwürdig, dass der Bund jetzt verlangsamt, auf Zeit spielt und sich aus der gemeinsamen Verantwortung für diese essentielle Zukunftsaufgabe stehlen will.
In unseren Schulen geht es heute um nicht weniger, als darum, unsere Schülerinnen und Schüler auf ihr künftiges Leben bestmöglich vorzubereiten und zur selbstständigen, selbstbestimmten, mündigen und schöpferischen Teilnahme an einer digital geprägten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts zu befähigen. Und darüber hinaus die Potenziale der Digitalisierung für zeitgemäße Lehr- und Lernprozesse zu nutzen, um die nächsten Generationen auf die Anforderungen in einer digitalen Wissens- und Informationsgesellschaft bestmöglich vorzubereiten. Dies ist auch eine volkswirtschaftliche Aufgabe, der wir uns alle stellen müssen. Es geht um die Fachkräfte der Zukunft!
Um dies zu meistern, bedarf es der Anstrengungen aller Beteiligten auf allen Ebenen in ihren jeweiligen Zuständigkeiten: Schulen, Schulträger, Land und eben auch die des Bundes.
In diesem Sinn muss der DigitalPakt schnellstmöglich fortgesetzt werden, um das in den letzten fünf Jahren Erreichte nicht aufs Spiel zu setzen. Der Bund muss jetzt die Dringlichkeit erkennen und sich zu seiner Verantwortung für die Zukunft unserer Bildung bekennen.
Hierzu ist ein klares Bekenntnis zu einer Investitionssumme, die nicht hinter dem ersten DigitalPakt zurückfällt oder mit Rechentricksereien spielt, dringend erforderlich. Auch sind verfassungsrechtlich fragwürdige Positionen aufzugeben, die die Länder und auch die Kommunen nicht akzeptieren können.
Und da der unmittelbare Anschluss an den DigitalPakt 1 jetzt nicht mehr möglich ist, muss der Bund wenigstens bereit sein, den vorzeitigen Maßnahmenbeginn zu ermöglichen, sodass die Mittel ab 2025 rückwirkend verwendet werden können und die Schulträger so wieder Planungssicherheit erhalten.
Nicht zuletzt geht es darum, anzuerkennen, dass die digitale Transformation eine gesamtstaatliche Daueraufgabe ist, die auf absehbare Zeit nicht abgeschlossen sein wird.
Wir fordern den Bund auf, wieder in konstruktive Verhandlungen zum DigitalPakt 2.0 zurückzukehren und auf der Grundlage der erkennbaren gemeinsamen Ziele den Pakt in einer verfassungsrechtlich vertretbaren Form zügig zum Abschluss zu bringen.
Wir als Land sind bereit, die Aufgabe auf allen Ebenen anzugehen, wir sind bereit, Lektionen aus dem ersten Pakt zu lernen und ihn einfacher und zielgenauer für die Bedarfe der Schulen auszugestalten und wir sind bereit, den Weg gemeinsam mit dem Bund beharrlich und umsichtig weiterzugehen, damit der DigitalPakt 2.0 ein weiterer Erfolg in der Bildungsgeschichte Deutschlands wird.
Artikel-Informationen
erstellt am:
16.05.2024
Ansprechpartner/in:
Britta Lüers
Nds. Kultusministerium
Pressesprecherin
Hans-Böckler Allee 5
30173 Hannover
Tel: 0511 120 7148