Nds. Kultusministerium Niedersachsen klar Logo

Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne zu TOP 17a der Landtagssitzung am 15.09.2021 Dringliche Anfrage der FDP: Neues Schuljahr, alte Probleme: Masken statt Lüfter, Ausfall statt Unterricht, Kreide statt Digitalisierung

Wann kümmert sich die Landesregierung um die Schulen im Land?


- es gilt das gesprochene Wort -



Anrede,

das Schuljahr 2021/2022 ist am 2. September im Regelbetrieb gestartet, d. h. alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen können am Präsenzunterricht teilnehmen. Das freut mich sehr und darauf waren all unsere Bestrebungen ausgerichtet!

Nach den Rückmeldungen, die uns vorliegen, können wir alles in allem von einem ruhigen und gelungenen Start in das neue Schuljahr sprechen. Ich möchte insbesondere den Schulleitungen und Lehrkräften und allen an Schule Beschäftigen sehr herzlich dafür danken, dass sie unermüdlich darauf hingewirkt haben, den Schülerinnen und Schülern einen guten Start in das neue Schuljahr zu ermöglichen.

Die Berichte aus den Schulen spiegeln sehr deutlich wider, dass Erleichterung und Zufriedenheit über das gemeinsame Lernen in Präsenz bestehen. Ich teile das ausdrücklich und bin froh über diese Rückmeldung.

Um den Präsenzunterricht zu sichern, haben wir ein engmaschiges Sicherheitsnetz an den Schulen eingezogen, welches die Schülerinnen und Schüler bestmöglich vor einer Infektion mit dem Corona-Virus in Schule schützen soll. Dazu zählen die Förderung von technischen Maßnahmen zum infektionsschutzgerechten Lüften, regelmäßige Tests und das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung. Darüber hinaus unterstützen wir die Schulen durch die Einstellung einer hohen Zahl von neuen Lehrkräften sowie die Umsetzung des DigitalPakts an den Schulen.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

1. Wann rechnet die Landesregierung mit der Umsetzung der Maßnahmen aus der Richtlinie „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von technischen Maßnahmen zum infektionsschutzgerechten Lüften an Schulen“ durch die Schulträger vor dem Hintergrund der späten Veröffentlichung erst zum Ablauf der Sommerferien?


Mit der Richtlinie „Sächliche Schutzausstattung für Schulen“ und der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von technischen Maßnahmen zum infektionsschutzgerechten Lüften an Schulen“ unterstützen wir die Kommunen, und damit die Schulen, in ihrer Aufgabe, ein bedarfsgerechtes Lüftungskonzept zu finanzieren und umzusetzen.

Das Land Niedersachsen hat die Schulträger so früh wie möglich über die Eckpunkte der neuen Förderrichtlinie informiert. Dazu wurden der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens bereits mit Schreiben vom 14. Juli 2021 die Eckpunkte der geplanten Förderrichtlinie mitgeteilt und in einer FAQ veröffentlicht.

Seit diesem Moment konnte gehandelt werden und es wurde gehandelt! Viele Schulträger haben die Möglichkeit genutzt, mit den Maßnahmen vorzeitig beginnen zu können. Ein Blick in die regionale Presse zeigt, dass hier bereits Geräte beschafft und den Schulen zur Verfügung gestellt werden konnten. Dafür meinen herzlichen Dank an die Schulträger, die diesen Weg beschritten haben.

Ob und wann die Umsetzung an den einzelnen Schulen erfolgt, liegt in der Entscheidung der Schulträger. Diese entscheiden, was an ihren Schulen erforderlich ist.

Klassen und sonstige Unterrichtsräume, die nur eingeschränkt belüftbar sind, können mit mobilen und stationären Luftfilteranlagen unterstützt durch die Richtlinie ausgestattet werden. Diese Fördermöglichkeit besteht für alle Schulen.

Gefördert werden auch CO2-Ampeln, die an das Lüften erinnern.

Neu hinzu kommt eine Schwerpunktförderung für Klassen- und sonstige Unterrichtsräume der Schuljahrgänge 1-6, da für Schülerinnen und Schüler dieser Altersgruppe zeitnah kein Impfangebot zur Verfügung stehen wird. Um angesichts der Delta-Variante den Schutzstatus für diese Schülerinnen und Schüler zu erhöhen, können technische Maßnahmen zur Lüftungsunterstützung aus dem neuen Programm finanziert werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um einfache Zu-/ Abluftanlagen (sog. Fensterventilatoren) oder automatisierte kontrollierte Fensterlüftungen handeln. Diese neue Fördermöglichkeit besteht für alle Klassenräume dieser Jahrgänge. Also unabhängig davon, ob die Räume gut oder weniger gut belüftet werden können.

Die aufgeführten Maßnahmen sind allesamt wichtige Teile unseres Maßnahmenpakets, welches die Risiken im Schulalltag in der Pandemie soweit wie möglich reduziert. Abstand, Hygiene, Masken, Testungen und Lüften bleiben trotzdem weiterhin wichtig. Luftreinigungsgeräte – das werde ich nicht müde zu betonen – ersetzen das Lüften nicht. Sie können lediglich ergänzend hinzukommen.

2. Kann die Landesregierung sicherstellen, dass alle Schülerinnen und Schüler, nach dem massiven Unterrichtsausfall der letzten Monate, im Schuljahr 2021/22 – mit Ausnahme des krankheitsbedingten Unterrichtsausfalls – den Pflichtunterricht erteilt bekommen?

Eines möchte ich gleich vorweg betonen, weil es in den letzten Wochen bisweilen nicht korrekt dargestellt wurde:

Trotz der bekannten schwierigen Rahmenbedingungen konnten im Kalenderjahr 2021 erneut deutlich mehr neue Lehrkräfte eingestellt werden, als dauerhaft aus dem Schuldienst ausgeschieden sind. Das ist ein Erfolg.

Im aktuellen Verfahren zum Schuljahresbeginn 2021/2022 konnten mit Stand vom 13.09.2021 1.588 neue Lehrkräfte eingestellt werden. Dies entspricht einem Besetzungsgrad von rund 89 %.

Damit kann auch für das neue Schuljahr die Lehrkräfteversorgung stabil gesichert werden.

Es ist uns in den letzten Kalenderjahren regelmäßig gelungen, deutlich mehr Lehrkräfte einzustellen, als dauerhaft ausgeschieden sind. Das war eine ganz wichtige Bedingung zur Stabilisierung der Unterrichtsverpflichtung.

Parallel dazu sind aber auch die Lehrkräftestunden deutlich angestiegen, die zur Abdeckung der Zusatzbedarfe (Ganztag, Inklusion, Sprachförderung etc.) notwendig sind. Dies sind Stunden, die in das System Schule gegeben werden und die wichtig sind für die Qualität von Schule und von Unterricht.

Der Prozentsatz der Stunden für den Grundbedarf (Pflichtstunden zzgl. Poolstunden inklusive der Bedarfe, die sich durch die Mehrklassenbildung aufgrund der Doppelzählung der inklusiv zu beschulenden Schülerinnen und Schüler ergeben) ist dadurch von 2017 bis 2020 von rd. 81,5 % auf rd. 80 % gesunken.

Nach den Daten aus den Erhebungen zur Unterrichtsversorgung in den Schuljahren 2018/2019 bis 2020/2021 lag der Deckungsgrad für die Abdeckung des Grundbedarfs (s. o.) durch Lehrkräfte-Ist-Stunden jeweils bei knapp über 120 %. Aufgrund der Einstellungsverfahren im Kalenderjahr 2021 ist davon auszugehen, dass auch zum Schuljahr 2021/2022 ein ähnlich hoher Deckungsgrad erreicht wird, so dass der Bedarf für den Pflichtunterricht rechnerisch gesichert ist.

3. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass die Mittel des Digitalpakts fristgerecht abgerufen werden?

Zunächst einmal zu den Zahlen: Im ursprünglichen „Basis“-DigitalPakt stehen den Schulträgern in Niedersachsen ca. 470 Mio. Euro an Fördergeldern zur Verfügung. Mit Stichtag 13.09.21 waren davon 30,2 Mio. Euro ausgezahlt. Bislang sind 2.917 Anträge gestellt worden. Das Volumen der bewilligten Zuwendungen – und das ist entscheidend – beläuft sich auf 111,04 Mio. Euro, was einer Gesamt-Förderquote von rund 23,9 % entspricht. Damit ist Niedersachsen im bundesweiten Vergleich gut dabei; die Anzahl der gestellten Anträge belegt, dass Schulträger beantragen, aber eben schrittweise beantragen.

Dennoch – und das möchte ich an dieser Stelle gleich vorwegnehmen – stellt uns die erreichte Bewilligungsquote nicht zufrieden.

Die Fördermittel für die Zusatzvereinbarung „Schulgebundene Leihgeräte für Schülerinnen und Schüler mit Bedarf“ in Höhe von rund 52 Mio. Euro wurden 2020 bzw. Anfang 2021 vollständig abgerufen. Bei der Zusatzvereinbarung „Leihgeräte für Lehrkräfte“ sind ca. 25 Mio. Euro der Fördermittel in Höhe von insgesamt rund 52 Mio. Euro beantragt. Dass für die Zusatzvereinbarung „Administration“ noch keine Fördermittel bewilligt wurden, ist auf die bislang kurze Laufzeit der Richtlinie zurückzuführen, aber hat auch damit zu tun, dass hier Personalkosten gefördert werden und der administrative Vorlauf entsprechend höher ist. Das Geld steht den Schulträgern zur Verfügung und wird fließen.

Tatsächlich ist also weit mehr Geld über den DigitalPakt in die Förderung des Lernens mit digitalen Medien geflossen als in Ihrer Dringlichen Anfrage benannt.

Wir müssen dabei berücksichtigen, dass die Corona-Pandemie Auswirkungen auch auf dieses große Förderprogramm hatte und hat. Gerade kleinere Schulträger sind massiv mit einer Fülle von coronabedingten Maßnahmen befasst, die unabhängig vom DigitalPakt zu bewältigen sind. Von vielen Schulträgern kommt die Rückmeldung, dass es sich schwierig gestaltet, vor dem Frühjahr kommenden Jahres Handwerksbetriebe zum Ausbau der IT an Schulen zu finden. Hinzu kommen Lieferengpässe bei der Hardware, aber auch ein pandemiebedingter Materialmangel im Bausektor. Diese schwierigen Umstände hat niemand zu verantworten, sie müssen aber Berücksichtigung bei der DigitalPakt-Antragstellung finden.

Nichtsdestotrotz ist die Landesregierung aktiv, um das Antragsgeschehen im DigitalPakt zu intensivieren, denn die Pandemie hat einmal mehr gezeigt, dass wir den digitalen Transformationsprozess an den Schulen vorantreiben müssen. Gerade im letzten Schuljahr hat sich viel bewegt, das Tempo muss nun aber beibehalten werden.

Um mehr Schulträger zur baldigen Antragstellung zu bewegen, haben wir ein Bündel an Maßnahmen ergriffen:

  • Ich habe die kommunalen Spitzenverbände per Brief und in Gesprächen zu den Zusatzvereinbarungen zum DigitalPakt Schule auf die Beschleunigung des Antragsgeschehens hingewiesen. Aktuell laufen auf der Arbeitsebene erneut Gespräche mit der AGKSV, wie seitens der AGKSV auf die Träger eingewirkt werden kann. Zahlreiche Rückmeldungen von Trägern zeigen uns, dass diese planen, kurzfristig Anträge zu stellen.
  • Auf Fachebene wurden alle Schulträger, die bislang noch ohne Antrag sind, auf die Bedeutung der Investitionen in die IT-Infrastruktur angesprochen und die zahlreichen Unterstützungsangebote wurden ihnen vorgestellt.
  • Es wurde in diesem Zusammenhang auch auf die Einfachheit des Antragsverfahrens hingewiesen, denn Niedersachsen stellt den Trägern – bundesweit in dieser Form einmalig – ein einfaches digitales Antragsverfahren mit Budgetverwaltung zur Verfügung.
  • Die Bewilligungsstelle im Regionalen Landesamt für Schule und Bildung Osnabrück befindet sich in kontinuierlichem Austausch mit den Schulträgern und wirkt hier auf eine zügige Antragstellung hin.
  • Die medienpädagogische Beratung des NLQ und die Bewilligungsstelle des RLSB Osnabrück führen gemeinsam Informationsveranstaltungen zum Antragsverfahren durch. An der ersten derartigen Veranstaltung nahmen 108 Schulträger und Schulen teil. Weitere Veranstaltungen sind geplant.
  • Die schulfachlichen Dezernentinnen und Dezernenten der RLSB werden die Schulleitungen dabei unterstützen, verstärkt auf ihre Schulträger zuzugehen, damit Mittel aus dem DigitalPakt beantragt werden. Zudem sollen die Dezernentinnen und Dezernenten den Digital-Ausbau regelmäßig zum Gegenstand von Dienstbesprechungen machen.


Der DigitalPakt Schule läuft bis zum 16.05.2024. Die Budgetbindung für die Träger ist laut Förderrichtlinie zunächst bis Mitte Mai 2023 vorgesehen. Mittel, die von den Trägern bis dahin nicht beantragt wurden, können dann neu und nach anderen Kriterien verteilt werden.

Anrede,

ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass der Mittelabfluss im DigitalPakt in der kommenden Zeit deutlich ansteigen wird. Ich sage aber auch ganz deutlich, dass wir die weitere Entwicklung sehr genau im Blick haben werden.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.09.2021

Ansprechpartner/in:
Sebastian Schumacher

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln