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Verkauf eines Schülertimers

Antwort auf die mündliche Anfrage: Wie bewertet die Landesregierung den Verkauf eines Schülertimers an der Oberschule Salzbergen im Landkreis Emsland?
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.02.2014 - TOP 18 – Nr. 11

Die Abgeordnete Filiz Polat (GRÜNE) hatte gefragt:

Die Oberschule Salzbergen im Landkreis Emsland ist Herausgeber eines Schülertimers, den alle Schülerinnen und Schüler der Schule am Anfang jedes Schuljahres für fünf Euro erwer-ben müssen. Beim Verlust dieses Timers sind die Schülerinnen und Schüler angehalten, sich umgehend einen neuen zuzulegen.

Dieser Schülertimer enthält eine Fülle an Informationen und darüber hinaus eine Seite, auf der das soziale Engagement der Schülerinnen und Schüler dokumentiert wird. Aus der Schü-lerschaft der Oberschule Salzbergen gab es allerdings Kritik an dem Timer. Neben der Ver-pflichtung zum Kauf weise der Timer offensichtlich inhaltliche Mängel auf. So werde auf Ge-setze bzw. einzelne Paragraphen verwiesen, die zwischenzeitlich geändert wurden (§ 10 des Jugendschutzgesetzes) oder gar nicht Teil des Landesschulgesetzes sind (§ 42 und § 54 - hier wahrscheinlich Schulgesetz NRW). Darüber hinaus sei der integrierte Stundenplan so aufgebaut, dass er mit den tatsächlichen Schulzeiten nicht übereinstimme.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf welcher rechtlichen Grundlage können Schulen ihre Schülerschaft verpflichten, solche Materialen zu erwerben, auch vor dem Hintergrund der dargelegten Mängel?

2. Welche Rechte haben Schülerinnen und Schüler in diesem Fall?

3. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, Maßnahmen gegen den Vertrieb der von der Schule selbst herausgegebenen Schülertimer zu ergreifen?


Antwort der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt:

Am 01.08.2007 ist in Niedersachsen das Gesetz zur Einführung der Eigenverantwortlichen Schule in Kraft getreten. Grundidee der gesetzlichen Bestimmungen ist, dass den Schulen Entscheidungsspielräume übertragen werden und in der Schule diejenigen Verantwortung übernehmen sollen, die am nächsten an den Themen und Problemen dran sind. An den Entscheidungen, die die Schulen eigenverantwortlich treffen, sind auch die Eltern sowie die Schülerinnen und Schüler verantwortlich zu beteiligen. Im Rahmen des Gesetzes wurde auch der Schulvorstand als neues Beschlussgremium geschaffen. Im Schulvorstand wirken Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler gemeinsam zusammen, um die Arbeit der Schule mit dem Ziel der Qualitätsentwicklung zu gestalten.

Der Schulvorstand der Oberschule Salzbergen hat durch einstimmigen Beschluss vom 19.04.2012 sowie durch einstimmigen Beschluss der Gesamtkonferenz vom 07.05.2012 für alle Schülerinnen und Schüler einen „Planer“ (in Salzbergen „Logbuch“ genannt) zum Schuljahresbeginn 2012/2013 eingeführt.

Bei „Schultimern“ oder „Schulplanern“ handelt es sich um kleine „Bücher“, die in vielen Schulen zum Einsatz kommen und unterschiedliche Zwecke erfüllen: Zum einen enthalten sie einen größeren Kalenderteil mit der Möglichkeit, z.B. die Hausaufgaben einzutragen; damit ersetzen sie das übliche Hausaufgabenheft. Zum anderen enthalten „Schulplaner“ je nach Schwerpunktsetzung der Schule z. B. die Schulordnung, das Leitbild der Schule, wichtige Termine im Schuljahr, Hilfen für das Lernen von Vokabeln, Hinweise auf Beratungsangebote in der Schule usw.

Lehrerinnen und Lehrer nutzen die Möglichkeit, Informationen für Eltern einzutragen oder eintragen zu lassen; aber auch Eltern selbst haben die Gelegenheit, Eintragungen im „Planer“ ihrer Kinder vorzunehmen und so in Kontakt mit den Lehrerinnen und Lehrern zu treten. Auf diese Weise dienen „Schulplaner“ auch als Bindeglied zwischen Schule und Elternhaus.
„Schulplaner“ werden von unterschiedlichen Verlagen angeboten, wobei Schulen die Mög-lichkeit haben, über Umfang, Inhalt und Umschlaggestaltung mitzubestimmen.

Kritik gab es im aktuellen Schuljahr von einigen Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen, die die Frage aufwarfen, ob eine Anschaffung im Abschlussjahrgang erforderlich sei. Diese Anfrage wurde von der Schulleiterin entgegengenommen und innerhalb des Kollegiums mit dem Ergebnis diskutiert, dass gerade im Abschlussjahrgang das „Logbuch“ vor dem Hintergrund der o. g. Vorteile wichtig sei.

Das zurzeit eingeführte „Logbuch“ enthält Hinweise zu „allgemeinen Rechten und Pflichten aus dem Schulverhältnis“ und zur „Schulgesundheit“, die dem Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 42 bzw. § 54) entnommen wurden, sowie Auszüge aus dem Jugend-schutzgesetz (§ 10 „Rauchen in der Öffentlichkeit“), die inhaltlich richtig sind.

Beim „integrierten Stundenplan“ ist es zu einem Druckfehler der Zeitangaben der ersten Unterrichtsstunde gekommen, der von den Schülerinnen und Schülern handschriftlich korrigiert wurde.

Besonderes „soziales Engagement“ im Sinne eines Einsatzes für das Schulleben kann durch Vergabe von „Sternen“ dokumentiert werden. Ebenso können z. B. Verstöße gegen die Schulordnung festgehalten werden.

Aus schulfachlicher Sicht bestehen gegen die verpflichtende Einführung eines Schulplaners keine Bedenken. Im Gegenteil, eine Einführung für alle Schülerinnen und Schüler hat für die Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus und für eine Transparenz in Schule erhebliche Vorteile.

Aus schulrechtlicher Sicht ist festzustellen, dass es sich bei dem Schulplaner um Lernmittel im Sinne des § 29 NSchG handelt, die dementsprechend für die Hand der Schülerinnen und Schüler bestimmt sind (analog Arbeits- und Übungsheften, Hausaufgabenheften); aus diesem Grunde gehört er zu der Grundausstattung der Schülerinnen und Schüler, die von den Erziehungsberechtigten zu finanzieren ist.

Lernmittel sind alle für die Hand der Schülerinnen und Schüler zum Gebrauch im Unterricht und zu seiner Vor- und Nachbereitung didaktisch und methodisch geeigneten und bestimmten Gegenstände. Gem. § 29 Abs. 2 NSchG stehen Schulbüchern andere Lernmittel gleich, die nach Inhalt und Verwendungszweck Schulbüchern entsprechen. Unter diese schulgesetzlichen Bestimmungen können die Schulplaner sinngemäß eingeordnet werden.

Da das Verfahren zu deren Beschaffung ordnungsgemäß durchgeführt und in den dafür zuständigen Schulgremien beschlossen wurde, bestehen gegen die Einführung eines solchen Schulplaners weder aus schulfachlicher noch aus schulrechtlicher Hinsicht Bedenken. Auch der relativ geringe Preis lässt eine Pflichtbeschaffung für alle Schülerinnen und Schüler zumutbar erscheinen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1:
Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.

Zu 2:
Die Schülerinnen und Schüler sind sowohl im Schulvorstand als auch in der Gesamtkonferenz durch ihre Vertreterinnen und Vertreter an der Entscheidung beteiligt und können in den Gremien ihre Bedenken vortragen.

Zu 3:
Die Landesregierung hält an den Grundsätzen der Eigenverantwortlichen Schule und der damit einhergehenden Übertragung von Entscheidungsspielräumen an die Schulen fest.

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