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Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne zu TOP 6 der Landtagssitzung am 25.03.2020 „Welche Auswirkungen hat das Corona-Virus auf Niedersachsen?“

Die Corona-Virus-Pandemie stellt unsere gesamte Gesellschaft – weltweit, deutschlandweit und niedersachsenweit – vor enorme, noch nie da gewesene Herausforderungen bei der Bekämpfung einer hoch ansteckenden Krankheit. Hierfür bedarf es zahlreicher Maßnahmen, die zwar weitreichend und einschneidend sind, auf der anderen Seite aber eben auch notwendig. Höchste Priorität hat dabei der Gesundheitsschutz der Bevölkerung.

Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, ist der Betrieb sämtlicher Kindertageseinrichtungen, Kinderhorte und der erlaubnispflichtigen Kindertagespflege mit Wirkung vom 16.03.2020 bis einschließlich 18.04.2020 untersagt.

Ebenso ist der Unterricht an allen allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft unterbunden. Ausschließlich für Abiturientinnen und Abiturienten wird der Unterricht nach heutigem Stand bereits wieder am 15.04.2020 in der Schule angeboten.

Ziel der Schul- und Kitaschließungen ist und bleibt die Verlangsamung der Ausbreitung des Corona-Virus sowie der Gesundheitsschutz der Kinder, ihrer Eltern, Geschwister und Großeltern. Der massive Anstieg der Neuinfektionen zeigt die Notwendigkeit dieser Maßnahme.

Alle Schulleitungen, Lehrkräfte und anderen Fachkräfte in Schule, Kita-Fachkräfte und Tagespflegepersonen haben hier sehr schnell und sehr professionell reagiert. Dafür danke ich allen herzlich!

Ausgenommen von diesen Maßnahmen ist die Notbetreuung in kleinen Gruppen in den Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege sowie an den Schulen in der Zeit von 8:00 bis 13:00 Uhr für die Schülerinnen und Schüler der Schuljahrgänge 1 bis 8. Über diesen zeitlichen Rahmen hinaus kann eine Notbetreuung in Ganztagsschulen stattfinden.

Die Notbetreuung dient dazu, Kinder und Jugendliche aufzunehmen, von denen mindestens eine erziehungsberechtigte Person in sogenannten kritischen Infrastrukturen tätig ist. Dazu zählen insbesondere folgende Berufsgruppen:

• Beschäftigte im Gesundheitsbereich, medizinischen und pflegerischen Bereich,

• Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen,

• Beschäftigte im Bereich der Polizei, des Rettungsdienstes, des Katastrophenschutzes und der Feuerwehr sowie

• Beschäftigte im Vollzugsbereich einschließlich Justizvollzug, Maßregelvollzug und vergleichbare Bereiche.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend.

Darüber hinaus soll es vor Ort anlass- und bedarfsbezogene Härtefallprüfungen für Einzelfälle geben.

In der aktuellen Situation sind gesamtgesellschaftliche Solidarität und Zusammenhalt gefragt. Die gegenseitige Unterstützung ist so wichtig wie nie zuvor.

Das Land Niedersachsen wird mit allen Kräften das gesundheitspolitisch Notwendige umsetzen, um die Menschen in Niedersachsen zu schützen.

Darüber hinaus wird niemand in dieser Situation in Bezug auf seine schulische Zukunft allein gelassen oder soll daraus einen Nachteil erleiden.

Die Notenvergabe wird sichergestellt, ebenso auch die Abschlüsse des Sekundarbereichs I und das Abitur.

Dies vorangeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

1. Wird das Land Niedersachsen den Eltern von Krippen- und Hortkindern die Gebühren für die Zeit der Nichtbetreuung erstatten?

Zunächst ist wichtig zu betonen:

Die Entscheidung über die Erhebung von Kosten- oder Teilnahmebeiträgen für die Betreuung in Krippen und Horten liegt im Ermessen der Einrichtungsträger. Das bedeutet, dass die Einrichtungsträger selbst entscheiden müssen, ob sie weiterhin Beiträge erheben. Bei der Nutzung dieses Ermessensspielraums können und müssen alle sachgerechten Umstände, insbesondere auch die aktuelle Situation, berücksichtigt werden.

Mit Blick auf die finanzielle Unterstützung der Einrichtungsträger durch das Land weise ich darauf hin, dass für genehmigte Kindertagesstätten die Finanzhilfe grundsätzlich weiterhin gezahlt wird, sofern der Betrieb nur vorübergehend wegen der Auswirkungen der Ausbreitung des Corona-Virus eingestellt werden muss.

Ob es darüber hinaus eine weitergehende Unterstützung seitens des Landes gibt, ist noch nicht abschließend entschieden.

2. Welche Planungen hat die Landesregierung hinsichtlich der zentralen Abschlussprüfung, der Notengebung und der Möglichkeit des digitalen Unterrichts für den Fall, dass die Schulschließungen über das Ende der Osterferien hinaus notwendig sind?

Zentralabitur

Das Kultusministerium hat am 13.03.2020 zwei Erlasse für die zentralen Prüfungen veröffentlicht, je einen für die Abschlussarbeiten und das Zentralabitur. Die Erlasse enthalten ein Stufenkonzept.

Im Falle von länger andauernden Schulschließungen nach Ostern wäre eine Anpassung der Prüfungstermine gefordert.

Eine Verschiebung um bis zu drei Wochen würde den gesamten Rahmen der Prüfungen zum Abitur noch einhalten (Ausgabe der Abiturzeugnisse spätestens am 09.07.2020). Sowohl heute wie auch am Freitag finden auf Ebenen der Kultusministerkonferenz Telefonschaltkonferenzen zur Abstimmung des Verfahrens statt.

Spätestens am 09.07.2020 müssen nach derzeitiger KMK-Vereinbarung die Abiturzeugnisse ausgehändigt werden, um eine rechtzeitige Bewerbung an Universitäten und Fachhochschulen bis zum 15.07.2020 zu gewährleisten.

Verschiebungen über diesen Termin hinaus können nur erwogen werden, wenn der Bewerbungstermin 15.07.2020 an Universitäten und Fachhochschulen ebenfalls verschoben wird.

Sollte auch der nach hinten geschobene Terminplan nicht eingehalten werden, würden die Prüfungen entfallen und das Abitur auf Basis der Noten in den vier zurückliegenden Schulhalbjahren erteilt.

Abschlussarbeiten

Ausgehend von der derzeitigen Planung, dass die Schulen bis einschließlich 18.04.2020 geschlossen bleiben und anschließend der Unterricht wieder beginnen kann, waren Regelungen nur bezüglich der Verschiebung des mündlichen Teils der Prüfungen in der ersten Fremdsprache zu treffen. Diese Termine können Schulen gemäß dem vorgenannten Erlass eigenverantwortlich so planen, dass sie in den schulischen Ablaufplan integriert werden.

Für den Fall, dass die Schulschließungen länger andauern und in der Folge geplante Prüfungs- und Nachschreibtermine betroffen wären, wurde vorsorglich je zentralem Prüfungstermin ein weiterer Ausweichtermin avisiert: am 08.06. für Deutsch, am 10.06. für Englisch und am 12.06. für Mathematik. Diese Termine setzen allerdings voraus, dass die Schule spätestens am 25.05. wieder beginnt und eine intensive Prüfungsvorbereitung für die betroffenen Schülerinnen und Schüler möglich ist.

Zu regeln war in diesem Zusammenhang auch, welche Arbeiten an den möglichen Prüfungsterminen zu schreiben sind. Für zwei Termine stehen pro Fach jeweils zentrale Abschlussarbeiten zur Verfügung. Für den Fall, dass drei Termine benötigt würden, können die Lehrkräfte, orientiert an den Abschlussarbeiten des Vorjahres, selbst Abschlussarbeiten konzipieren.

Gemäß dem Erlass verschieben sich ggf. auch die Zeitfenster für die mündlichen Prüfungen auf die 25. oder 26. Kalenderwoche. Dies können die Schulen intern selbst festlegen. Sollte auch dieser verschobene Zeitplan nicht zu halten sein, würden die Abschlussprüfungen ersatzlos entfallen.

Notengebung

In dem derzeitigen Zeitfenster der Schulschließung werden zuhause erbrachte Schülerleistungen grundsätzlich nicht bewertet.

Für die Bewertung des zweiten Schulhalbjahres bei Ganzjahresfächern und epochal erteilten Fächern ist eine zweiwöchige Schulschließung unproblematisch. Auch wenn die Schulen länger geschlossen bleiben müssen, z. B. bis Ende Mai, ergibt sich aus den sieben Wochen seit dem Beginn des zweiten Schulhalbjahres und den dann noch möglichen 6 Unterrichtswochen ein bewertbarer Zeitraum.

Falls die Schulen bis zum Ende des Schuljahres geschlossen werden müssen, bilden bei Ganzjahresfächern die Noten des ersten Schulhalbjahres sowie die Bewertung der sieben Wochen im 2. Schulhalbjahr bis zum Zeitpunkt der Schulschließungen am 13.3.2020 die Grundlage zur Ermittlung der Zeugnisnoten.

Leistungen in Fächern, die ausschließlich im zweiten Schulhalbjahr epochal erteilt werden, werden bewertet. Sie werden nur dann berücksichtigt, wenn sie zum Ausgleich schwacher Leistungen in anderen Fächern bzw. zur Verbesserung des Notendurchschnitts sowohl bei Versetzungen als auch bei Abschlüssen beitragen können.

Möglichkeiten des digitalen Unterrichts

Grundsätzlich sind die Möglichkeiten, ausschließlich digital zu unterrichten begrenzt, da der Unterricht interaktiv zwischen Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern stattfindet und Lehren und Lernen immer auch Beziehungsarbeit darstellt. Dies ist umso wichtiger, je jünger die Schülerinnen und Schüler sind.

Es wird aber, insbesondere für den Fall, dass die Schulen über die Osterferien hinaus geschlossen bleiben, notwendig sein, den Schülerinnen und Schülern altersgerechte Lernangebote auch digital zur Verfügung zu stellen und sie beim häuslichen Lernen bestmöglich durch die Lehrkräfte zu unterstützen.

Daher arbeiten wir mit Nachdruck daran, ab Ende der Osterferien auf der bereits vorhandenen Plattform des Niedersächsischen Bildungsservers (nibis) unterschiedlichste Lernangebote für Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler bereitzustellen. Dies umfasst Unterrichtsmaterialien für einzelne Schulstufen und Fächer, Selbstlernangebote, Linklisten, Apps sowie andere Angebote.

Darüber hinaus wird entgegen der bisherigen Planung der bestehende Prototyp der Niedersächsischen Bildungscloud ab Mai dieses Jahres flächendeckend angeboten. Sie kann nicht nur als Lernmanagement-System genutzt werden, in dem Materialien, Termine und Dateien bereitgestellt werden, sondern ermöglicht auch die schulbezogene und schulübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit miteinander aus der Ferne. Hier wollen wir schneller insbesondere die einfach zu bedienenden Funktionen wie den Messenger, die Lerngruppeneinrichtung, den Datenaustausch und die Datenablage verfügbar machen.

Abseits davon müssen wir jedoch auch die Situation berücksichtigen, in denen sich Schülerinnen und Schüler nach dann wochenlagen Schulschließungen und Kontaktsperren befinden. Ein normaler Unterricht vom ersten Tage an, wird sicherlich nicht möglich und nicht angemessen sein.

3. Welche Planungen hat die Landesregierung hinsichtlich der Betreuung der Kinder und Jugendlichen für den Fall, dass die Kita- und Schulschließungen über das Ende der Osterferien hinaus notwendig sind und viele Eltern einen Großteil des Urlaubs schon aufgebraucht haben werden?

Wir werden zum Ende der Osterferien eine neue Bewertung der Lage vornehmen. Wie wir alle wissen, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden, wie sich die Ausbreitung des Corona-Virus in den nächsten drei Wochen entwickeln wird. Sie können sich aber sicher sein, dass wir derzeit alle Szenarien prüfen und für alle Szenarien auch Lösungen vorbereiten. In der vergangenen Woche hat sich bereits gezeigt, dass viele Arbeitgeber flexibel reagieren und Eltern z.B. im Homeoffice arbeiten. Die Auswertung der letzten Woche hat gezeigt, dass derzeit richtigerweise nur wenige Kinder die Notbetreuung in Anspruch nehmen. Viele Arbeitgeber versuchen, die Anzahl ihrer Beschäftigten auf ein Minimum zu reduzieren und tragen damit dazu bei, dass sich die Verbreitung des Corona-Virus verlangsamt. Wir setzen daher zum einen darauf, dass flexible Lösungen auch weiterhin Bestand haben werden. Zum anderen wissen wir aber auch um unsere Verantwortung und werden die Notbetreuung ggf. dann auch nach den Osterferien der Situation angepasst weiter anbieten.

Wir sind uns der schwierigen Situation, in der sich Erziehungsberechtigte befinden, sehr bewusst, müssen aber den Spagat zwischen Notbetreuung auf der einen Seite und möglichst kleinen Gruppen auf der anderen Seite hinbekommen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

  Bildrechte: Nds. Staatskanzlei

Minister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.03.2020

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