Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Frau Julia Willie Hamburg am 29.01.2025 zu TOP 11 im Niedersächsischen Landtag: Leben retten macht Schule – Wiederbelebungsunterricht als fester Bestandteil im Lehrplan
Entschließungsantrag der Fraktionen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, LT-Drs. 19-5663
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
es freut mich außerordentlich, heute über ein Thema sprechen zu dürfen, das breite Zustimmung in unserem Land findet: die Verankerung des Themas Wiederbelebung als festen Bestandteil in unserem Schulleben. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich hierüber alle demokratischen Parteien einig sind.
Anrede,
Ein plötzlicher Herz-Kreislauf-Stillstand ist in Deutschland die dritthäufigste Todesursache. Zu etwa 120.000 Betroffenen wird pro Jahr der Rettungsdienst gerufen – doch nur 11 % der Betroffenen überleben einen solchen Notfall. Hilfe ist oft nicht weit entfernt – vorausgesetzt, die bei einem solchen Notfall Anwesenden haben die grundlegenden Kenntnisse in Sachen Wiederbelebung: Eine unverzüglich begonnene Herzdruckmassage verdoppelt bis verdreifacht die Überlebenschance der Betroffenen. Dadurch ließen sich Tausende Leben retten. Und wo, wenn nicht in der Schule, kann man dieses Wissen so früh wie möglich vermitteln?
Anrede,
Der vorliegende Entschließungsantrag zur Initiative „Leben retten macht Schule“ leitet einen richtungsweisenden Schritt hin zu einer umfassenden, flächendeckenden und praxisorientierten Vermittlung von Wiederbelebungskompetenzen ein. In den Schulen haben wir bereits erste wertvolle Impulse gesetzt, um dieses Thema in Niedersachsen zu verankern und nachhaltig voranzutreiben.
Seit meinem Amtsantritt bin ich aktiv auf die Verbände und Hilfsorganisationen zugegangen, um diesem lebenswichtigen Thema die stabile Basis und die Aufmerksamkeit zu geben, die es verdient.
Ein starkes Fundament bilden die Einrichtung und der Ausbau von Schulsanitätsdiensten in vielen Schulen unseres Landes. In enger Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen der Landesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe in Niedersachsen (LAGEH) haben wir gemeinsam dazu beigetragen, dass Kinder und Jugendliche an Schulen zusätzlich zu außerschulischen Angeboten Kompetenzen in der Ersten Hilfe erwerben können.
Aufgrund der positiven Resonanz auf diese Angebote haben wir im Jahr 2024 die ersten „Wochen der Wiederbelebung in Niedersachsen – Schule rettet Herzen“ ins Leben gerufen. Diese Initiative hat das Bewusstsein für die Bedeutung von Wiederbelebungsmaßnahmen weiter gestärkt und Schulen die Möglichkeit gegeben, dieses Thema auf kreative Weise in den Unterricht und das Schulleben zu integrieren.
Anrede,
Die Initiative „Leben retten macht Schule“ und der vorliegende Entschließungsantrag greifen diese bisherigen Ansätze auf und führen sie systematisch weiter. Der Fokus liegt auf folgenden fünf zentralen Handlungsfeldern:
1.
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Einbeziehung von Wiederbelebungsinhalten in die Kerncurricula der Fächer Biologie und Naturwissenschaften in der Sekundarstufe I. Wer frühzeitig in Wiederbelebungsmaßnahmen wie der Erkennung eines Herzstillstands oder dem Erlernen von Reanimationsmethoden geschult wird, erlangt Wissen und Handlungssicherheit. Dies wurde von internationalen Institutionen wie der WHO (Weltgesundheitsorganisation) und des ERC (European Research Council) eindrücklich bekräftigt: Die Kompetenzvermittlung in der Schule stellt eine wesentliche Grundlage dar, um die Überlebenschancen bei Herzstillständen zu verbessern.
2.
Die Vermittlung von Wiederbelebungskompetenzen werden wir über das Bildungsportal durch umfangreiche und praxisorientierte Unterrichtsmaterialien unterstützen. Diese Informationen helfen, das Thema Wiederbelebung effektiv und anschaulich in den Unterricht zu integrieren.
3.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Unterstützung der Schulen bei der Bereitstellung der nötigen Ausrüstung. Gemeinsam mit Stiftungen und Hilfsorganisationen entwickeln wir Modelle, wie die nötige Ausstattung für Erste-Hilfe-Kurse wie zum Beispiel Puppen zur Beatmung und Reanimation etc. oder wie zum Beispiel Defibrillatoren bereitgestellt werden können.
4.
Die „Wochen der Wiederbelebung“ sollen nach positiver Resonanz im Schulkalender verankert und jedes Jahr durchgeführt werden. Eine jährliche Wiederholung wird dazu beitragen, das Erlernte immer wieder aufzufrischen und zu festigen.
5.
Besonders spannend finde ich die Idee, das EU-Projekt „LIFEFORCE“ auf niedersächsische Grundschulen zu übertragen. Es geht dabei um die Wissensvermittlung im Bereich Wiederbelebung bereits im Grundschulalter. Wir können so innovative und kindgerechte Methoden in unseren Grundschulen etablieren und bundesweit Vorreiter werden.
Anrede,
wir leiten heute eine zukunftsweisende Veränderung in der Bildungspolitik ein, denn die Förderung von Wiederbelebungskompetenzen im Schulalltag ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Erste-Hilfe-Kenntnisse in der gesamten Bevölkerung. Unsere Schulen sind der ideale Ort, um einer neuen Generation junger Menschen in Notfällen nicht nur das nötige theoretische Wissen zu verschaffen, sondern ihnen auch die nötige Handlungssicherheit und das Selbstvertrauen zu geben, um im Ernstfall wirkungsvoll das Leben ihrer Mitmenschen zu retten.
„Leben retten macht Schule“ trägt damit auch zur Schaffung einer Kultur der Hilfsbereitschaft und des gesellschaftlichen Zusammenhalts bei.
Gemeinsam machen wir den Weg frei für eine neue Generation von Lebensretterinnen und Lebensrettern.
Vielen Dank!
Artikel-Informationen
erstellt am:
29.01.2025
Ansprechpartner/in:
Britta Lüers
Nds. Kultusministerium
Pressesprecherin
Hans-Böckler Allee 5
30173 Hannover
Tel: 0511 120 7148