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Rede des Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne zu TOP 22 b der Landtagssitzung am 22.09.2022

Dringliche Anfrage der Fraktion der FDP: Förderschule Lernen - ist das Angebot weiterhin notwendig? Drs.18-11729





Es gilt das gesprochene Wort!


Anrede,

in diesem Schuljahr haben die Förderschulen Lernen gemäß Schulgesetz zum letzten Mal Schülerinnen und Schüler in den 5. Schuljahrgang aufgenommen.

Die jetzige Landesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung eine Verlängerung der Übergangsregelung um fünf Jahre beschlossen und entsprechend umgesetzt.

Den Zeitraum für die Weiterentwicklung der inklusiven Schullandschaft hat die Landesregierung damit bewusst erweitert. Die Schulträger haben hierdurch mehr Zeit erhalten, um den Übergang zu gestalten und das Auslaufen der Förderschule vorzubereiten.

Von 175 Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen im Jahr 2012 existieren derzeit noch 55 Förderschulen dieses Förderschwerpunkts.

Anrede,

mit dem Gesetz zur Einführung der inklusiven Schule vom 23. März 2012 ist in Niedersachsen der schulische Teil des Übereinkommens der Vereinten Nationen (UN) umgesetzt worden. Die UN-Konvention verpflichtet die Mitgliedsstaaten, einen qualitativ hoch

wertigen inklusiven Unterricht an allen Schulen sicherzustellen. Zur Weiterentwicklung der inklusiven Schule haben wir in dieser Legislaturperiode Rahmenbedingungen geschaffen und weiter ausgebaut. Die jahrgangsweise aufwachsende Einführung der inklusiven Schule ist mittlerweile abgeschlossen – alle Jahrgänge und auch die berufsbildenden Schulen sind in Niedersachsen heute inklusiv. Das ist ein hohes Gut.

Anrede,

das Auslaufen der Schulform Förderschule Lernen und der Aufbau der Rahmenbedingungen zur inklusiven Beschulung sind eng miteinander verzahnt. Dafür sind u. a. fast überall im Land die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren Inklusive Schule – die RZI – eingerichtet worden. In den RZI erfolgt vor Ort eine niedrigschwellig erreichbare Beratung und Unterstützung zum Unterricht und zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung.

Selbstverständlich erhalten die Schulen auch dort jedwede benötigte Unterstützung, wo es noch kein RZI gibt.

Anrede,

es ist Aufgabe der inklusiven allgemein bildenden Schulen, eine planvolle und umfassende Förderung auch der Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf Lernen zu gewährleisten.

Hierbei werden sie durch den weiteren Ausbau von Multiprofessionalität und Schulsozialarbeit gezielt unterstützt. Die sonderpädagogische Expertise kommt als weiterer wichtiger Baustein hinzu. So entstehen an den inklusiven Schulen – im Unterschied zur Förderschule Lernen – Schritt für Schritt multiprofessionelle Teams, die alle Schülerinnen und Schüler in ihrer Lernentwicklung individuell begleiten.

Anrede,

Dies vorangestellt beantworte ich im Namen der Landesregierung die Fragen wie folgt, möchte jedoch zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 noch folgende Bemerkungen vorwegschicken:

Die Erhebung zur Unterrichtsversorgung an den allgemein bildenden Schulen erfolgte im Schuljahr 2022/2023 zum Stichtag am 08.09.2022.

Nach diesem Datum haben die Schulen im September 2022 noch Zeit, die Daten der Erhebung abzugeben. Bei Vorlage der Daten ist – wie in jedem Jahr – eine aufwändige Prüfung durch die Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) und das Kultusministerium notwendig.

Eine Aussage über die geprüften Ergebnisse der Erhebung zur Unterrichtsversorgung an den allgemein bildenden Schulen zum Stichtag 08.09.2022 kann dementsprechend voraussichtlich erst Ende Januar 2023 erfolgen.

Ich beantworte daher Ihre Fragen mit den geprüften Zahlen des Schuljahres 2021/2022.

Für das Schuljahr 2021/2022 (Stichtag 16.09.2021) liegen folgende Ergebnisse vor:

1.) Wie viele Schülerinnen und Schüler besuchen im Schuljahr 2022/2023 die Förderschule Lernen (bitte nach Jahrgängen getrennt beantworten)?

Im Schuljahr 2021/22 besuchten insgesamt 4.434 Schülerinnen und Schüler die Förderschule Lernen. Nach Jahrgängen getrennt, stellt sich das Bild wie folgt dar:

SJG 5: 821 Schülerinnen und Schüler

SJG 6: 807 Schülerinnen und Schüler

SJG 7: 828 Schülerinnen und Schüler

SJG 8: 769 Schülerinnen und Schüler

SJG 9: 436 Schülerinnen und Schüler

SJG 10: 773 Schülerinnen und Schüler

2.) Wie viele Schülerinnen und Schüler wechselten im Schuljahr 2021/2022 bzw. zum Schuljahr 2022/2023 aus der inklusiven Beschulung im Sekundarbereich I in eine Förderschule Lernen?

Insgesamt wechselten zum Schuljahr 2021/2022 (Stichtag 16.09.2021) 809 Schülerinnen und Schüler von einer Regelschule in eine Förderschule Lernen.

3.) Hält die Landesregierung die aktuellen Rahmenbedingungen in der inklusiven Beschulung für hinreichend gut, um am Auslaufen der Förderschulen Lernen festzuhalten?

Die Landesregierung hat sich, zuletzt durch die Schulgesetzänderung von 2018, hinsichtlich der Auflösung der Förderschulen Lernen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention für einen über 15 Jahre dauernden Prozess entschieden, in dem die Förderschulen Lernen unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten auslaufen. Gleichzeitig wurden und werden weiterhin die Rahmenbedingungen für ein möglichst hochwertiges Bildungsangebot im Rahmen der inklusiven Schule geschaffen und ausgebaut.

Seit der Einführung der inklusiven Schule sind vielfältige Bestimmungen in Kraft getreten und umfangreiche Maßnahmen umgesetzt worden.

Bereits seit dem Schuljahr 2016/2017 gibt es keinen Primarbereich mehr an Förderschulen Lernen. Dementsprechend werden seitdem alle Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf Lernen an Grundschulen unterrichtet.

Dies soll in den weiterführenden Schulen fortgesetzt werden.

Dafür bedarf es aber guter Rahmenbedingungen. Zur Deckung des Bedarfs an Lehrkräften mit dem Lehramt für Sonderpädagogik für die inklusive Schule sind die Kapazitäten an den niedersächsischen Hochschulen etwa verdoppelt worden. Damit die Lehrkräfte aller Schulformen auf die Inklusion vorbereitet werden, wurden die Verordnungen zum Studium (Nds. MasterVO-Lehr) und zum Vorbereitungsdienst (APVO-Lehr) für alle Lehrämter angepasst.

Weiterhin haben bereits über 60.000 Lehrkräfte an Fortbildungen zur inklusiven Schule teilgenommen.

Im Sekundarbereich I erhalten die Schulen pro Schülerin und Schüler zusätzlich drei Stunden für die inklusive Beschulung.

Inklusion ist die Aufgabe aller Schulformen und aller Lehrkräfte. Wichtig ist, den Schulen die vorhandene sonderpädagogische Expertise bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen.

Dies wird u.a. durch den am 01.02.2019 in Kraft getretenen Erlass „Schulinterne sonderpädagogische Beratung an allgemeinen Schulen“ gewährleistet.

Für die Entwicklung inklusiver Strukturen hat die Landesregierung ein umfängliches Beratungsangebot aufgebaut. Dazu gehören die mittlerweile 42 Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren Inklusive Schule sowie das Beratungs- und Unterstützungssystem der RLSB.

Insgesamt kann somit festgestellt werden, dass wir mit diesen geschaffenen Rahmenbedingungen jeder Region ermöglichen, Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen bestmöglich und erfolgreich inklusiv zu beschulen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


Kultusminister Grant Hendrik Tonne   Bildrechte: MK

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.09.2022

Ansprechpartner/in:
Sebastian Schumacher

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